Sport: Fußball-Konferenz

erstellt: 02. August 2005

Grobes Foul mit Ansage

Die Konferenz “Visions of Football” geht an den Anforderungen und am spärlichen
Publikum vorbei

München – In den letzten Wochen konnte man in nahezu allen bayerischen Tageszeitungen und verschiedenen überregionalen Magazinen vom finanziellen Debakel der „Task Force“ lesen. Dieses Gremium, initiiert vom bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber und geleitet von der Staatskanzlei, zeichnet auch für die vom 27. bis 29. Juli 2005 abgehaltene Konferenz „Visions of Football“ verantwortlich.

Schlappe für das Management
Über Sinn und Unsinn der Veranstaltung wurde im Vorfeld bereits in der Öffentlichkeit diskutiert und auch der bayerische Landtag beschäftigte sich mit diesem Thema. Die als „Paukenschlag“ (Stoiber) und „Meilenstein auf dem Weg zur Fußball WM 2006“ (Beckenbauer) angekündigte Konferenz fand jedoch schlicht und ergreifend kaum Menschen, die sich für stolze 1.250,- EUR (zuzüglich Mehrwertsteuer!) einem Sammelsurium von überwiegend bereits bekannten Vorträgen und Gesprächsrunden aussetzen wollten. Damit war bereits vor dem Anpfiff am 27. Juli klar, dass die drei Tage mit einem Minus von – geschätzt – einer Million Euro in die Miesen rutschen würden. Zu Lasten der Steuerzahler! Der inzwischen eingeschaltete Oberste Rechnungshof (ORH) kommentierte die Vorgehensweise der Staatsregierung mit „mangelnder Pofessionalität“ und „fehlender Wahrnehmung der Kostenverantwortung“.

Leere Ränge
Entgegen allen wirtschaftlichen Überlegungen konnten die Initiatoren von „Visions of Football“ wohl einen Kongress nach Belieben planen. Gedanken, aus welchen Personen das Auditorium bestehen sollte, haben dabei anscheinend im Abseits gestanden. Selbst die einzelnen Vortragsblöcke – z.B. Medien und Fußball, Medizin und Fußball – waren so allgemein gehalten, dass Fachbesucher sich bereits nach wenigen Minuten langweilten. Und von den schätzungsweise 450 Zuhörern am ersten Tag reduzierte sich der Teilnehmerkreis auf überschaubare rund 100 bei den letzten Programmpunkten. Erwartet hatten die Veranstalter rund 1.200 Besucher zuzüglich 400 Medienvertreter „aus aller Welt“.

Von Champions League bis Kreisklasse
Nur wenige der aufgebotenen Referenten – lediglich beim Thema Medizin “durften” auch zwei Damen mitreden – lieferten sowohl inhaltlich als auch rhetorisch eine überzeugende Leistung. Klar, nicht jeder kann vergleichsweise herausragend sein wie ein Michael Ballack. Doch in seiner Mannschaft sind alle Kollegen in der Lage, ordentlichen Fußball zu spielen. Bei „Visions of Football“ durften hingegen auch Redner auf die Bühne, die zum Teil nicht einmal die einfachsten sprachlichen Dribblings beherrschten. Von genialen Themen-Flanken ganz zu schweigen.

All das war der Staatsregierung und der „Task Force“ – nicht zuletzt durch die vorausgegangene öffentliche Schelte – ohne Zweifel bewusst. Dagegen getan wurde trotzdem nichts. Wer im Fußball mit Vorsatz ein grobes Foul begeht, wird zu Recht mit einer roten Karte bestraft. Zeit, diese Regel auch in Politik und Gesellschaft einzuführen.

Jerry Webster

Calmund

Meyer-Vorfelder

 

 

 

 

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